Der Protagonist Thomas Bruno Hesse ist kein Held.
In seiner Jugend als sensibeler Mensch verletzt, setzt er sich in seinem Hass auf Mittelmäßigkeit unerreichbare Ziele, die er in extremer Weise anstrebt, an denen er aber immer scheitert. Sei es in der Kunst, beim Geld, bei der Macht, in der Liebe. Sein nimmermüdes Streben wird auf seinem kurzen Lebensweg deutlich. Sein Scheitern aber ist durch die Kompromisslosigkeit seiner Maßstäbe wie programmiert. Die Vernichtung der Partitur seiner großen Komposition, der Untergang der eigenen Firma, die Beteiligung an den afrikanischen Gräuel, der lange Aufenthalt in Krankenhaus und Psychiatrie etc. belegen das.
Zynisch ist die Art und Weise wie er Personen behandelt, auch solche, die ihn lieben. Seine Schwester Tina, seine Ehefrau Ellen, seine unerfüllte Liebe Nina unterwirft er bedenkenlos seinem konfusen und hektischen Selbstfindungsprozess, seiner Suche nach dem inneren Kern, seinem stets gegenwärtigen „Erkenne Dich selbst“. Anlehnungen an Vorbildern unterschiedlichster Art können ihm nicht helfen. Sein finaler „Kampf mit Gott“ scheitert. Selbst der Versuch eines Paktes mit schwarz- oder weißmagischen Kräften führt nicht zu dem gewünschten Ergebnis, schafft ihm aber Möglichkeiten, Schuld auf andere zu schieben, Verantwortung für sein eigenes Leben von sich zu weisen. Führt also sein Ende ins Blutvergießen, in den Suizid, ins Nichts? Wird uns hier das Bild des orientierungslosen, überehrgeizigen, zu Bindungen unfähigen, nur sich selbst bespiegelnden und sich zerstörenden modernen Menschen gezeigt?
Beachtenswert ist die bis zum Ende durchgehaltene Spannung des Romans. Er wird nicht linear erzählt, sondern verknüpft zahlreiche Handlungsstränge, Stilebenen, Rückblenden und eine Fülle von Charakteren zu einem plausiblen Ganzen. Beispielhaft für die strukturellen Varianten sind die Briefe an Jelena, das Requiem, das Logbuch des Todes, die lyrischen Einleitungen, das altgriechische Theaterstück, die häufigen Einbindungen aus sauerländischer oder afrikanischer Mythen und Sagen.
Der Roman ist sicherlich nicht leicht zu konsumieren, aber sehr lesenswert. Man taucht ein in das Handwerks des Orgelbaus, in die Welt des Jazz, findet sich morgens auf Berliner U-Bahnhöfen wieder, partizipiert an der Nach-68er-Republik, streift die literarischen Vorbilder des Autors wie z.B. Schubert, Keller, Höderlin, Rilke, Celan, Sachs, Ausländer, die Philosophen Schopenhauer und Nietzsche, und lernt Hermann Hesse neu kennen, dem das Buch auf eigentümliche Weise gewidmet ist und den der Autor literarisch wie philosophisch widerlegen will.
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